Montag, 9. Mai 2011

Schuld und Lügen (Aus meinem Tagebuch, irgendwann im November 2010)

„Anna“, sagst du, aber ich drehe mich nicht um.
Den Klang deiner Worte noch immer im Ohr, im Kopf, den Hals herunter.
Verklebt meine Lungen. Ich atme schwach und renne weiter. 
Es war kein Fehler, aber es war. Du bist Vergangenheit.

Asche auf mein Haupt. Ich bekenne mich schuldig. Die Schuld noch immer schwer und metallen. Die Schneide eines Messers hauchzart am Herz vorbei. 
Ich habe gelacht. Verzeih mir.

Ich weiß, ich habe Fehler gemacht. 
Und manchmal bereue ich. Nicht alles, aber mich. 
Ich habe dich verbraucht. Es tut mir leid. 

Und ich renne. Deine Stimme, dein Lächeln, dein Atem immer wieder. 
Du hast gelächelt. Das war vor mir.
"Du und ich. Für immer lachen." Doch für immer war nicht, was ich wollte.
"Wie geht es weiter?", fragst du. Und ich schweige.
Weiche den Augen aus, in denen ich eben noch versunken bin.
Du siehst mich an und traurig. "Für immer lachen?"

Und ich ziehe mich an. Das ist nicht, was ich wollte. 
Ich sammel meine Sachen, Stück um Stück, den Weg hinaus. 
Bis nichts bleibt. Und folge der Spur bis zur Tür und nicht weiter. Will ich gehen und du willst es nicht.

"Bitte bleib hier. Musst du schon gehen?" 
Ich schüttel den Kopf und nehme meine Jacke vom Haken.
"Warum bleibst du nicht? Kommst du wieder?" 

"Anna", sagst du. 
Deine Stimme so leise. Wie nie zuvor. Es tut mir leid.
Das habe ich nicht gewusst, will ich gerade lügen, da ist es schon zu spät. 
Leise, so leise, so schrecklich leise. "Kommst du wieder?" 

Und ich höre deine Angst. Leise, so leise, wie nie zuvor. 
Und ich schweige und bedecke mein Gesicht. 
Und ich drehe mich nicht um. 
Und ich weiß deinen Blick in meinem Nacken. 
Und kein Lächeln in deinem Gesicht.
Ich habe gelacht. Verzeih mir.

Die Treppe Schritt für Schritt und jeder Tritt in dein Herz. Das Klacken dein Pochen. Und dein Lächeln hinter mir. Irgendwo. 
Aber dein Lächeln. Dein Lächeln, das war vor mir. 
Und nach mir die Leere und hinter mir dein Haus. 
Und in meinem Rücken dein Blick. Die Schuld noch immer an jedem Tag. Sie war mein Messer in deinem Rücken. Und ich war diesmal die, die lügt. 
Und hinter mir kein Lächeln mehr.

"Für immer lachen" Und wieder und wieder und wieder nur du.
Und ich renne die letzten Stufen zur Luft.
Und draußen ist es kalt. So kalt und ich ganz taub.
Ich schließe alle Türen hinter mir.

Und renne und renne. Die Straße nie weiter.

"Anna", sagst du, und ich drehe mich nicht um. Nie wieder um.
Es war kein Fehler, aber es war. 
Du bist Vergangenheit.

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