Mittwoch, 31. August 2011

Wir schweigen.

Wir sitzen.
Und wir schweigen.

Wir schweigen nicht miteinander.
Wir schweigen nicht gegeneinander.
Wir schweigen. Und jeder für sich.
Wir schweigen.

Dann fällt ein Wort.
Ganz leise und zaghaft.
Schmerzhaft laut in meinen müden Ohren.
Fällt von deinen Lippen.
Bis es abbricht.
Mitten im Sinn.
Mitten in der Stille.
Wir schweigen.

Wir schweigen.
Ganz weiß sehen wir dabei aus.
Und sogar unsere Augen
schweigen mit. Werden ganz leise.
Blassleer wie wir.

Augenlos. Ohne Worte,
aber doch mit vielen
ungesagten
ungeklärten
ungekämpften
Kämpfen.

Wir schweigen.
Blicklos.
Wortlos.
Schwerelos,
aber fallend.

Wir schweigen.
Ich möchte mir das Messer
in den Arm rammen.
Wir schweigen.

Und das Messer unberührt.
Und mein Arm unberührt.
Und meine Hände leer.
Wir schweigen.

Wir schweigen
so sehr, dass wir fast schreien
so sehr, dass wir fast sterben
dass ich fast sterbe
für mich,
nur für mich.

Wir schweigen.
Wir schweigen.

Und jeder für sich.



Dienstag, 30. August 2011

ich

Bei dir ich sein können

ist mehr
als ich kannte
als ich bisher
als ich gestern noch
nie sein wollte

aber dank dir
dank dir
bin ich

manchmal, noch nicht immer
aber bald und noch viel immerer
gerne und vor allem

wieder ich.

Montag, 29. August 2011

Maskenball

Ich habe mir eine Maske gesucht. Ich habe viele ausprobiert und dann war da eine, die so gut gepasst hat, wie an meinen Körper gegossen. Und ich habe sie mit mir herumgetragen und ab und an aufgesetzt, wenn die Maske der schönere Teil von mir war, der lächelnde. Und das wurde mehr und mehr, bis ich selber sie nicht mehr von meinem Gesicht unterscheiden konnte. Bis die Maske unwiderruflich ein Teil von mir geworden war. Und dann bin ich hinter dieser Hülle vermodert und zerfallen.

Samstag, 27. August 2011

Jeder gute Tag hat seinen Preis.
Jedes Lächeln bezahle ich in Tränen.

Freitag, 26. August 2011

Der richtige Mensch, zur falschen Zeit.

Hoffnung in fremden Worten

"Man fragt sich nicht mehr: Warum soll ich aufstehen? Sondern: Was mach ich heute?"

Donnerstag, 25. August 2011

"Step out the front door like a ghost
into the fog where no one notices
the contrast of white on white.
And in between the moon and you
the angels get a better view
of the crumbling difference between wrong and right.
I walk in the air between the rain
through myself and back again
Where? I don't know"
Counting Crows - Round here
Ich würde fliehen, wenn ich nur wüsste, wohin.

Dienstag, 23. August 2011

Ein Nachruf

Das bist du, oder? Das warst du, oder? 
Du warst nicht glücklich. Ich konnte dir nicht helfen.
Niemand kann helfen. Du warst allein, wie wir alle, die wir anders sind.

Deine letzten Worte an die Welt waren entschlossen. Und vielleicht, sicher sogar, hast du wirklich etwas getan, was du schon lange tun wolltest. Und vielleicht, sicher sogar, hast du geglaubt, es sei das Richtige. Die einzige Möglichkeit, die Trauer zu beenden. Aus der ich dir nicht heraushelfen konnte, in der kurzen Zeit die wir uns kannten.

Wir kannten uns nicht lange und wir kannten uns nicht gut. Aber der Schmerz, den kannten wir beide. Ich weiß noch, wie du damals die Klinik verlassen hast. Ich weiß noch, wie ich daran verzweifelt bin, dass ich dir angesehen habe, dass es zu früh war. Dass du noch nicht so weit warst. Aber deine Unterschrift und sie mussten dich gehen lassen. Wie ich Angst hatte, um dich und wie es weitergeht. Denn du warst nicht glücklich und du bist es nie geworden.

Ich habe dich nie weinen, aber bluten sehen. Und in dieser Welt hast du nie etwas gefunden. Vielleicht war genau das auch der einzige Weg für dich. Vielleicht gab es wirklich kein Glück auf dieser Welt für dich. Auf dieser Welt, die viel zu schrecklich war und zu grausam für einen Menschen, so wundervoll wie du. 

Wir kannten uns nicht lange und wir kannten uns nicht gut.
Aber wir lebten in einem Zimmer. Zwei Monate lang habe ich deine Musik gehört und deine Wunden geteilt. Den Schmerz gesehen und nicht heilen können. Zwei Monate, bis du gingst. Und danach habe ich dich nur manchmal gesehen, unterwegs, auf der Straße. Und dein Gang war gebeugt und dein Blick war schwer. Deine Worte federleicht und dein Lächeln zu schön um wahr zu sein. Der Abgrund dahinter. 

Und ich verstehe, warum du nicht bleiben konntest.
Und dann war die Welt, in die du zurückgekommen bist, doch genauso unfrei wie die Klinik. Und du bist ebenso an ihr verzweifelt. Ich habe dich damals gefragt, ob du denn wirklich glaubst, dass du es dort draußen schaffst. Und habe gebetet und gefleht, dass es so wäre. Und du hast geantwortet, Anna, hast du gesagt, aber hier halte ich es nicht mehr aus. Und ich habe verstanden. Und ich habe gehofft, es würde besser, dort draußen. Denn aufhalten konnte ich dich ebenso wenig wie jeder andere. 
Niemand kann das. Niemand kann helfen.

Und deine Unterschrift allein hat dich in diese Freiheit geführt, die ja doch keine war. Die ebenso unerträglich gewesen sein muss, wie die Gefangenschaft davor.

Und ich verstehe, warum du nicht bleiben konntest.
Nicht in der Klinik und nicht in dieser Welt.

Wir kannten uns nicht lange und wir kannten uns nicht gut.

Ich konnte dir nicht helfen.
Ich hätte mich gerne von dir verabschiedet. 

Und ich hoffe, dass, wo immer du jetzt bist, all der Schmerz ein Ende hat.
Dass du Ruhe findest, all die Ruhe, die du im Leben nicht kanntest. 
Dass du nun frei bist. Dass du findest, wonach du vergeblich gesucht hast.
Dass die Suche ein Ende hat.
Dass diese Stille eine bessere ist.

Unerklärbares

Die letzten Tage waren keine guten. Die letzte Nacht war voller Angst.
Und die Grenzen meiner Sprache sind nicht die Grenzen meiner Welt.
Das Namenlose bleibt namenlos. 
 
Wie kann ich dir erklären, was du nie gefühlt hast? Wie kann ich dir sagen, dass ich trotz all der Zeit, die ich habe, sie nicht verwenden kann? Wie erklären, dass ich zu schwach bin, obwohl du diese Schwäche mir nicht ansiehst? Wie nur sagen, was sich nicht sagen lässt? Wie erzählen, wofür Worte nicht ausreichen? Wie dir begreifbar machen, dass ich nichts tue, nicht, weil ich nicht wollen würde, sondern weil das alles ist, wofür meine Kraft noch reicht? 
 
Dass ich keine Kraft mehr habe, wirst du mir das glauben?
Dass ich am Ende bin, sag, siehst du das wirklich nicht?
Dass ich nicht noch so ein Jahr durchhalte.
Dass ich lange genug gekämpft habe.
 
Und ich nicht mehr funktioniere, so sehr ich mich mühe.So sehr ich mich mühen muss, bei all den Dingen, die dir Routine erscheinen und so leicht. Die für mich nicht leicht sind.
 
Dass ich einsam bin. 
Dass das nichts damit zu tun hat, dass ich nicht allein bin.
 
Und dass auch ich dieses Schweigen gerne brechen würde, aber nicht kann. Dass die Stille zwischen uns schon zu tief geworden ist. Aber auch, dass ich Gräben ziehe, die nicht nur dich, die alle ausschließen sollen. Dass ich unglücklich bin und das schon lange.
 
Siehst du das wirklich nicht? Siehst du mich wirklich nicht?
Wo immer die Kraft her kam, die wir beide nicht mehr haben.
Und trotzdem einander geben.

In der Nacht.

"Die Angst ohne Namen.
Die sich nicht bändigen lässt.
Sie kommt. Ohne Begrüßung.
Sie setzt sich einfach hin.
Sie spricht nicht.
Sie sitzt einfach nur da.
Und lähmt.
Wenn sie genug hat, geht sie wieder.
Einfach so. Hinterlässt nicht mal einen Zettel.
Sie wird wiederkommen.
Heute, morgen, irgendwann."
Stadtneurotiker

Dienstag, 16. August 2011

Bitte lass uns für immer
so tun, als wären wir die Richtigen.

Montag, 15. August 2011

Meine Stadt (Auszug aus meinem Tagebuch, 28.05.2011)

Komm mit mir.
Ich zeige dir meine Stadt.

Komm mit mir, ich zeige dir den Weg, den ich gehe, gehen muss, jeden Tag. Wenn es egal ist, ob ich will oder nicht. Ich zeige dir den Weg zur Stadt, zu meinem Haus und wieder zurück. Und vielleicht findest du irgendwo unterwegs irgendetwas. Das schön ist, oder auch nicht, aber anders.

Komm mit mir, ich zeige dir die Laterne, an der ich geweint habe, am letzten Tag davor. Ich zeige dir auch die Klinik, die danach war. Die sieben Monate war. Ein halbes Jahr. Ist viel zu lange in Gefangenschaft. Und doch musste ich. Und wollte ich, bevor ich wusste, was das bedeutet.

Komm mit mir, ich zeige dir das Bächlein, das da vorbei lief, an unserem früheren Haus. Als wir noch alle zusammen lebten. Und trotzdem schon manchmal jeder für sich war. Ich zeige dir dieses Bächlein, an dem ich oft war, als Kind. Dem ich all meine Sorgen erzählt habe, und gehofft habe, sie würden fortschwimmen und nie wiederkehren. Und zeige dir das Haus. Da, siehst du, da habe ich gewohnt. Da, das Haus, das mit dem Vorgarten und den schönen Balkons, das gelbe mit den roten Fenstern. Und der geschlossenen Tür, dort hinter dem Zaun.

Komm mit mir und ich zeige dir die Straße, die ich nachts so oft gegangen bin, gerannt bin, manchmal, vor Angst, mich umzudrehen. Aus Angst, die glasigen Augen hinter mir nicht zu vergessen. Die Straße zwischen den zwei Zuhause. Und Zuhause hat gar keinen Plural, weil die meisten nur eins haben, und manche gar keins. Aber dieser Weg, der lag wie ich irgendwo dazwischen. Bis ich merkte, das eins von beiden gar kein Zuhause war. Nur das Haus eines Säufers. Und dann bin ich den Weg nie wieder gegangen.

Komm mit mir, ich zeige dir auch den Brunnen, in dem die Sonne liegt, und die Märchenfiguren. Und die Wiese rundherum, wenn es Sommer ist. Gleich neben dem Fluss, in dem das Bächlein endet. Und sie dort liegen, am Wasser, das gar keinen Strand hat. Und wo sie trotzdem alle liegen, im Bikini. Und manche baden sogar in dem Fluss, der auch auf dem Schild am Bahnhof steht. Der in Klammern steht und über den Lieder gesungen werden, die man in der Grundschule lernt. Gleich nach den Regeln im Straßenverkehr.

Komm mit mir, ich zeige dir die Gasse mit den vielen Cafés. Die gekrümmt ist, und im Sommer ganz eng, weil sie voll ist, von den Stühlen zum Draußensitzen. In der ich manchmal Abends bin, um zu tanzen oder zu reden, oder zu lachen oder um nicht allein zu sein. Und manchmal rede ich über Sachen, die ich sofort wieder vergesse, weil sie egal sind, aber besser als schweigen. Oder ist das meistens? 
Und manchmal lache ich und meine es sogar ernst.

Komm mit mir, ich zeige dir den Platz am Fenster in der Bahn, auf dem ich saß, an jenem Tag. Als die Fenster beschlagen waren und ich schreiben wollte. Und mich nicht getraut habe. Und so blieben die Worte gefangen in meinem Kopf.  Be my friend, hold me. Wrap me up, unfold me.
Und wenn ich sie wieder höre, denke ich an all die Tränen, die ich vergossen habe, verloren habe, irgendwo unterwegs in dieser Stadt. Die alle gesehen haben, und alle geschwiegen haben, und weggeschaut.

Komm mit mir und ich zeige dir die Blumen, die daraus gewachsen sind. 

Komm mit mir, ich zeige dir all die Blicke, die ich aushalten muss, Tag für Tag. Ich zeige dir die Spiegel, denen man nicht ausweichen kann, weil sie überall sind. Ich zeige dir, dass diese Stadt voller Spiegel ist. 

Komm mit mir, ich zeige dir dieses eine Café, in dem ich angefangen habe zu weinen. Zu weinen und weinen, weil ich nicht essen konnte. Weil ich nicht essen konnte, selbst wenn ich es wollte, weil es irgendwann zu spät war und ich machtlos. Und in mir selber gefangen war. Als ich irgendwann nicht mehr hinauskam und nicht mehr weiter. Und es mir auf einmal nicht mehr egal war. Als ich wusste, dass ich sonst sterben würde. Und als ich das auf einmal nicht mehr wollte. Als ich auf einmal Angst hatte vor dem Tod. Und vor mir selber.

Komm mit mir, ich zeige dir die Schule, in die ich gegangen bin, davor und danach und währenddessen. In der ich fast verhungert bin. Denn das Sterben, das beginnt schon viel früher, als die Menschen glauben. Und als sie es bemerken. Denn das beginnt schon, wenn die Temperatur  auf einmal nur noch bei 35°C liegt, wenn man die Rippen im Spiegel zählt, wenn man morgens nicht aufstehen kann, ohne das einem schwindelig wird. Wenn man ununterbrochen Krämpfe hat, und weiß, dass auch die Magnesiumtabletten, die Vitamintabletten, die man Tag für Tag nimmt, nicht mehr helfen können. Wenn man nachts wachliegt, wenn man jede Nacht wachliegt und manchmal Sport macht, und manchmal Kuchen bäckt, die man niemals essen wird. Wenn man zählt und wiegt und zählt und zu viel wiegt und zählt und wartet, bis es besser wird.
Wenn man abnimmt, jeden Tag, ohne dünn zu werden.  
Wenn Essen ekelhaft wird. Wenn man nachts aufwacht, weil man von Kuchen geträumt hat. Weil das ein Alptraum war, und man Angst hat, nur Angst, nur Angst. Und zur Waage rennt und zur Küche rennt, um zu sehen, dass der Kuchen noch dort steht, dass alles noch gut ist und der Kuchen unberührt.

Komm mit mir und ich zeige dir die Bücher, die vielen Tagebücher und die Bilder und die Zettel von damals. Auf einem steht 45. Auf dem anderen 44,5. 44,2. 43,7. 44,3. 42,8.
Und ich kann noch heute sagen, wie weh das 44,3 tat. Und wie ich am Morgen von 42,8 kurz gelacht habe. Und glücklich war, so glücklich war. Und dann wieder leer.
Und zur Belohnung in die Stadt laufen, wie jeden Tag. Zur Belohnung 2 Vitamintabletten, wie jeden Tag. Und zur Belohnung nichts zu essen, wie jeden Tag. Weil es damals kein gut gab. Nur erträglich. Und selbst das nicht wirklich. Weil die Tage leerer wurden und leerer und egal.
Es gab damals nur Schmerz und Leere und Zahlen.
42,3. 41,9. 41,8. 41,5. 41,3.  
Bei 40,2 bin ich in die Klinik gegangen.
Heute gibt es keine Zahlen mehr. Aber das Dicksein, das gibt es noch.
Das Hässlichsein, das Sich-schämen, das Zu-viel-Sein, das Nie-genug-sein. Das alles gibt es noch. Aber das ist nicht mehr jeden Tag.

Komm mit mir und ich zeige dir die Bilder aus dem Urlaub. Auf denen ich Kleider trage. Auf denen ich schön bin. Auf denen ich glücklich bin. Die alt sind. Und fast schon nicht mehr wahr.

Komm mit mir, ich zeige dir das Haus, in dem ich jetzt lebe. In dem ich sicher bin. Und manchmal glücklich. Aus dem ich trotzdem weg möchte. Weil ich hier weg möchte.

Komm mit mir.
Und flieh mit mir aus meiner Stadt.

Komm mit mir
nie wieder hier her.

Samstag, 13. August 2011

"Dieses Leben, in dem ich nachts in meinem Bett liege und mich selbst umarme, weil es sonst keiner tut." 
flugunfaehig

Offenheit

Vertrauen schafft Nähe, sagt man. Und den Menschen, denen man nahe steht, denen man jenes Vertrauen entgegenbringt, denen kann man ja auch am meisten von sich erzählen. Mit denen kann man über die Probleme am besten reden, denen fühlt man sich verbunden. Jedenfalls sagt man das so. Zu denen könnte man offen und ehrlich sein. Und ja, ich bin bewusst in den Konjunktiv gewechselt. Weil ich zu denen, die mir nahe sind und die immer für mich da sind, entgegen aller Logik weder offen noch ehrlich bin. Ganz im Gegenteil.
 
Und würde ich euch, die ihr das lest, persönlich kennen, ich würde euch genauso belügen und etwas vorspielen, wie all den anderen. Ihr würdet eine glückliche, selbstbewusste Frau erleben. Die oft Witze macht, viel lacht und selten pünktlich kommt, aber immer mit einem Lächeln auf dem Lippen. Die etwas hyperaktiv wirkt, und oft euphorisch. Die dann manchmal plötzlich unglaublich müde ist, sicher, aber das würde euch kaum auffallen. Ihr würdet nicht wissen, dass ich zu spät komme, weil ich wieder unvermittelt angefangen habe, zu weinen und das Zeit braucht, das alles wieder zu kaschieren. Ihr würdet nicht wissen, dass ich, sobald ich allein bin, hemmungslos losheule. Dass das auch unterwegs passiert, auf Zug- und Restauranttoiletten. Ihr würdet euch vielleicht wundern, warum ich immer meine Tasche mitnehme, wenn ich auf Toilette gehe.

Würdet mich vielleicht für eitel und oberflächlich halten, weil ich mich nicht ohne Makeup aus dem Haus traue. Und weil ich manchmal Ewigkeiten brauche, um etwas zum Anziehen zu finden, in dem ich mich zwar immernoch schäme, aber nicht mehr so sehr. In dem ich mich in die Welt hinaustraue. Mit viel Musik und großer Anstrengung. In dem ich mich zwar immernoch häßlich und widerlich fühle, aber ich muss ja meine sichere Wohnung verlassen. Ich habe ja keine Wahl.

Ihr würdet nicht wissen, dass ich manchmal zu sehr geschminkt bin, nicht weil ich es schön finde, sondern weil ich es an manchen Tagen nicht ertrage, mich in meinem Gesicht zu erkennen. Dass ich morgens viel Zeit brauche, um doch nicht wirklich wach zu werden. Dass ich aufstehe, und schon keine Kraft mehr habe und es lange dauert, bis mein immer müderes Gesicht nicht mehr so leer aussieht, wie ich bin. 
 
Ihr würdet weder wissen noch erahnen können, wie anstrengend jedes Lachen ist. Ihr würdet mich für glücklich halten. Ja, ihr würdet es nicht merken.
 
Denn den Menschen, denen ich nahe bin, zu denen kann ich nicht ehrlich sein. Und wenn ich erzähle, es doch einmal versuche, zu erzählen, wie es mir geht, dann sind ihre Blicke so unerträglich schwer. Ich kann es nicht ertragen, dass sie dann ebenso unglücklich aussehen, wie ich bin. Dann rede ich nicht weiter, kann nicht weiter reden. Und dann beginnt wieder das Lächeln, und dass ja alles gar nicht so schlimm und bestimmt bald besser ist. 

Dann rede ich von Hoffnung, die ich nicht habe.
 
Ich kann nicht mehr reden, mit Menschen, die mir wichtig sind. Und es werden weniger. Einer der vielen Gründe, warum ich diesen Blog schreibe, ist, weil ich nicht anders als schreiben kann. Weil ich es brauche, das alles irgendwohin loszuwerden. Ein anderer ist, dass ich hier ehrlich bin. Diese Anonymität gibt mir eine Offenheit, die ich im echten Leben verlernt habe.


Freitag, 12. August 2011

Donnerstag, 11. August 2011

Mittwoch, 10. August 2011

kann nicht schlafen
nicht mehr schlafen
nicht seit Tagen

und habe doch
kraftlos deine Hand
nicht mehr halten können
sagst du trotzdem für immer

mit mir, also
allein

Sonntag, 7. August 2011

Nachtangst

die Beine umklammert
dein Atem im Rücken
die Worte so sanft
kann nicht lächeln
und zitter dir
Angst in die Leere
flüsterst leise
doch ich bleibe
bebend vor Furcht 
in deinen ratlosen Armen

Samstag, 6. August 2011

Mit dir und ohne mich.

Wir gehen nebeneinander und ich sehe deine Lippen sich bewegen. Und deine Hände bei jedem Schritt so zielstrebig. Folgen deinen Beinen und dein Gang sieht so kraftvoll aus. Und ohne jede Mühe kannst du das, aufrecht gehen, nicht hinfallen, nicht zurückblicken. Es sieht ganz leicht aus und ich, ich mühe mich ja doch so sehr. Mir fehlt das, diese Energie, wo immer du sie hernimmst. Ich will nicht deine Hand und nicht deine Worte. Ich will nur deine Beine mir borgen, um das gehen zu lernen. Das Aufstehen, ohne Kampf. Einen Tag, der nicht anstrengend sondern schön ist. Dein Lächeln, dein Lachen, dass ich fast schon verabscheue, weil es so glücklich ist und so laut, wie ich niemals sein könnte. Und du redest irgendetwas, denn ich sehe deinen Mund Seifenblasenluftschlösser spucken. Und kann nichts hören. Denn irgendwann muss ich wohl verbittert geworden sein, fürchte ich. Denn ich kann gar keine Luftschlösser mehr bauen. Oder sehen. Kann nicht träumen, außer nachts und das sind furchtbare Träume. 

Und dann wache ich auf und muss meine Beine abtasten, um sicherzugehen, dass es sie noch gibt. Und schalte das Licht an, vor Schreck und Angst. Und zähle meine Zehennägel, die ja doch niemand ausgerissen hat. Und schaue in den Spiegel und bin überrascht, denn ich bin tatsächlich noch da. Ich sehe noch ein bisschen blasser aus und noch viel müder. Ich sehe grau aus, aber da ist wirklich kein Loch nirgends zu sehen. Ich bin vollzählig, also allein. 

Und du läufst neben mir. Kling, klang, du und ich nicht. Und du redest und redest und manchmal taucht da ein "wir" in deinen Sätzen auf, dass es so nicht mehr gibt. Die Dunkelheit um mich herum ist so viel näher als du es bist. Die Ewigkeit zwischen dir und mir. Ich kann nicht mehr. Da ist diese Müdigkeit, die kein Schlaf beenden kann. Diese Immermüdigkeit, die macht, dass ich nicht aufstehen kann, dass ich nicht so aufrecht gehen kann, wie du. Da ist dieser Berg aus Schuld und Trauer, der auf meinen Schultern liegt, und den niemand mir abnehmen, ja, niemand auch nur sehen kann. Und ich gehe gebeugt und an manchen Tagen auch gar nicht vor Kraftlosigkeit. Denn ich habe gekämpft, schon so lange, weil ich musste. Ich habe gekämpft und das jeden Tag. Und immer verloren. Mich, das Glück, dich. Ich habe mich ganz ausgehöhlt und bin nun leer.  Ziehe meine Arme an den Seilen hoch, lass mich tanzen, bis ich wieder zusammenbreche. Ich will nicht deine Hand. Ich will nicht deine Nähe. Ich will wieder stehen können. Nicht mehr kämpfen müssen. Denn ich kann nicht mehr. 

Und liege nachts wach. Und denke manchmal, dass das vielleicht sogar besser ist. Denn ich fürchte mich vor den Träumen, die kommen, wenn ich schlafe. Und dann wache ich auf, Nacht für Nacht, bei jedem der Schrecken. Das ist anstrengend und macht mich manchmal noch müder als nicht zu schlafen. Denn ich habe Angst. So viel Angst in mir, ich weiß schon gar nicht mehr, wo die herkommt. 

Und wir gehen die Straßen immer weiter, als ob es etwas gäbe, was auf uns warten würde. Während du redest, als ob es mich interessieren würde. Und ich schweige und lache manchmal. Und das ist so anstrengend und falsch. Das kostet mich all die Kraft, die ich nicht habe. Während meine Schritte ohne Klang im Boden versickern. Kann ich die Sterne schon nicht mehr von den Laternen unterscheiden. Es ist nur dieses Schweigen, was da zwischen uns liegt, weil keines deiner Worte mich berührt. Nur dieses Schweigen, was die Nacht so dunkel macht. Ich würde gerne irgendwo hingehören. Und suche und finde nichts als die Angst. Wovor? Kann nicht sehen. Kann nicht sagen.

Und ich schweige und schweige und manchmal taucht da ein "ich" in meiner Stille auf, dass es so nicht mehr gibt.