Samstag, 6. August 2011

Mit dir und ohne mich.

Wir gehen nebeneinander und ich sehe deine Lippen sich bewegen. Und deine Hände bei jedem Schritt so zielstrebig. Folgen deinen Beinen und dein Gang sieht so kraftvoll aus. Und ohne jede Mühe kannst du das, aufrecht gehen, nicht hinfallen, nicht zurückblicken. Es sieht ganz leicht aus und ich, ich mühe mich ja doch so sehr. Mir fehlt das, diese Energie, wo immer du sie hernimmst. Ich will nicht deine Hand und nicht deine Worte. Ich will nur deine Beine mir borgen, um das gehen zu lernen. Das Aufstehen, ohne Kampf. Einen Tag, der nicht anstrengend sondern schön ist. Dein Lächeln, dein Lachen, dass ich fast schon verabscheue, weil es so glücklich ist und so laut, wie ich niemals sein könnte. Und du redest irgendetwas, denn ich sehe deinen Mund Seifenblasenluftschlösser spucken. Und kann nichts hören. Denn irgendwann muss ich wohl verbittert geworden sein, fürchte ich. Denn ich kann gar keine Luftschlösser mehr bauen. Oder sehen. Kann nicht träumen, außer nachts und das sind furchtbare Träume. 

Und dann wache ich auf und muss meine Beine abtasten, um sicherzugehen, dass es sie noch gibt. Und schalte das Licht an, vor Schreck und Angst. Und zähle meine Zehennägel, die ja doch niemand ausgerissen hat. Und schaue in den Spiegel und bin überrascht, denn ich bin tatsächlich noch da. Ich sehe noch ein bisschen blasser aus und noch viel müder. Ich sehe grau aus, aber da ist wirklich kein Loch nirgends zu sehen. Ich bin vollzählig, also allein. 

Und du läufst neben mir. Kling, klang, du und ich nicht. Und du redest und redest und manchmal taucht da ein "wir" in deinen Sätzen auf, dass es so nicht mehr gibt. Die Dunkelheit um mich herum ist so viel näher als du es bist. Die Ewigkeit zwischen dir und mir. Ich kann nicht mehr. Da ist diese Müdigkeit, die kein Schlaf beenden kann. Diese Immermüdigkeit, die macht, dass ich nicht aufstehen kann, dass ich nicht so aufrecht gehen kann, wie du. Da ist dieser Berg aus Schuld und Trauer, der auf meinen Schultern liegt, und den niemand mir abnehmen, ja, niemand auch nur sehen kann. Und ich gehe gebeugt und an manchen Tagen auch gar nicht vor Kraftlosigkeit. Denn ich habe gekämpft, schon so lange, weil ich musste. Ich habe gekämpft und das jeden Tag. Und immer verloren. Mich, das Glück, dich. Ich habe mich ganz ausgehöhlt und bin nun leer.  Ziehe meine Arme an den Seilen hoch, lass mich tanzen, bis ich wieder zusammenbreche. Ich will nicht deine Hand. Ich will nicht deine Nähe. Ich will wieder stehen können. Nicht mehr kämpfen müssen. Denn ich kann nicht mehr. 

Und liege nachts wach. Und denke manchmal, dass das vielleicht sogar besser ist. Denn ich fürchte mich vor den Träumen, die kommen, wenn ich schlafe. Und dann wache ich auf, Nacht für Nacht, bei jedem der Schrecken. Das ist anstrengend und macht mich manchmal noch müder als nicht zu schlafen. Denn ich habe Angst. So viel Angst in mir, ich weiß schon gar nicht mehr, wo die herkommt. 

Und wir gehen die Straßen immer weiter, als ob es etwas gäbe, was auf uns warten würde. Während du redest, als ob es mich interessieren würde. Und ich schweige und lache manchmal. Und das ist so anstrengend und falsch. Das kostet mich all die Kraft, die ich nicht habe. Während meine Schritte ohne Klang im Boden versickern. Kann ich die Sterne schon nicht mehr von den Laternen unterscheiden. Es ist nur dieses Schweigen, was da zwischen uns liegt, weil keines deiner Worte mich berührt. Nur dieses Schweigen, was die Nacht so dunkel macht. Ich würde gerne irgendwo hingehören. Und suche und finde nichts als die Angst. Wovor? Kann nicht sehen. Kann nicht sagen.

Und ich schweige und schweige und manchmal taucht da ein "ich" in meiner Stille auf, dass es so nicht mehr gibt. 

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