Sonntag, 29. Mai 2011

Die keinen Tage

Tage wie damals
ein Tag, ein Zettel, eine Zahl

kein Tag
kein Tag ohne
kein Tag mit

allein
und leer

mit Leben
nicht

ohne Leere
nicht

kein Tag
ohne 
nicht

kein Tag
ohne mich

kein Tag
ohne weniger,
ohne mehr
Knochen,
die man sieht

seh ich
mich nicht
hab mein
Gesicht
verloren

und dich.


Freitag, 27. Mai 2011

Schwach und weit weg.

Ich wache auf, weil der Lärm unerträglich ist. Mein Telefon schreit in die Stille. Deine Tränen sind ganz nah bei meinem Ohr. 

Spüre ich deinen leisen Atem auf meiner Haut. Und deine Stimme so zaghaft.  Stockt, wenn die Worte zu schwer wiegen.

Wenn sie im Hals stecken bleiben und dort kratzen und drücken. Und im Mund so groß werden, dass sie ihn ganz ausfüllen. Wenn sie sich in den Rachen legen und auf die Lungen und langsam zudrücken. Wenn man würgt und dann ringt, um Luft. Wenn die Worte so erbarmungslos durch die Adern rinnen und die Dunkelheit im ganzen Körper verteilen. Wenn es Nacht ist und die Worte zäh aus dem Mund tropfen und die Füße an den Boden heften. Wenn sie unter den Zehen kleben bleiben und nur ganz langsam wieder abbröckeln. Wenn man sich vor Verzweiflung die Füße abhacken will, weil es so weh tut. Weil es Nacht ist, und deine Worte in der Stille nachhallen und widerhallen und wieder und wieder. Nie aufhören.

Und deine Tränen sind so nah an meinem Ohr, dass ich fast vergesse, dass die Tropfen auf meiner Wange ja meine Tränen sind.

Und ich halte den Atem an, um sicherzugehen, nicht zu schluchzen. Weil ich stark sein will und für dich. 

Weil ich deine Schulter zum Anlehnen sein will.
Doch diese Schultern sind schmal und kantig und brechen manchmal schon unter meinem eigenen Gewicht zusammen. 

Und ich bin nicht da. Kann dich nicht halten.
Und muss die Hand vor meinen Mund pressen, um das Wimmern zu ersticken, vor dem ich mich fürchte. Damit du nicht hörst, wie schwach ich bin und wie müde. Weil ich doch stark sein will und für dich.

Und ich liege wach und starre in das Nichts über mir. 
In die Dunkelheit, die deine ist und nicht meine. 
Vor der ich dich nicht beschützen kann.

Weil ich nicht da bin.
Weil ich einfach nicht da bin.
Weil ich dich allein lasse, obwohl ich weiß, 
obwohl ich ganz genau weiß, dass man damit nicht allein bleiben sollte.
Weil ich dich allein lasse. 

Weil ich schwach bin. Und du so viel stärker bist, als ich. Und trotzdem weinst.
Und ich bin nicht da, bin nicht da, bin nicht da, bin nicht da, bin nicht da, bin nicht da, bin nicht da, bin nicht da, bin nicht da, bin nicht da, bin nicht da..
Und weiß doch, wie schlimm das ist.
Und lasse dich dennoch allein.

Verzeih mir.

Mittwoch, 25. Mai 2011

"I'm not that ill -
Bad moments come, but they go.
Some days are fine.
Some a little bit harder.
But that doesn't mean
we should give up our dream,
have you ever seen me defeated?"
(Evita)

Der Raum hinter dem eigenen Rücken

Es fängt an, sobald man an jemandem vorbeigeht. Schon höre ich wieder das Tuscheln und das Flüstern und spüre die Fingerzeige in meinem Nacken. Die mir durch die Rippen stechen, manchmal, wenn sie das Herz treffen. Ich verstehe die Worte nicht, das tue ich nie. Aber das Gefühl, das kenne ich nun gut genug.
Die leisen Worte hinter mir. Die erst kommen, wenn ich schon fast vorbei bin, aber noch in Sichtweite. Diese Worte, die ich eigentlich nicht hören will, nicht wissen will, und trotzdem brennen sie sich in meine Seele. Gerade, weil ich sie nicht verstehe, das tue ich nie. Ich verstehe nicht, aber dieses Gefühl bleibt. Wenn man vorbeigeht und sie reden und reden und reden. Und lachen und das ist fast noch schlimmer. Und jedes Geräusch ist ein Vorurteil.
Ich fürchte mich vor diesen Urteilen. Wenn sie sehen und nun glauben zu wissen, was auch immer. Und sie tuscheln und flüstern. Und ich fürchte mich vor jedem Blick, der mich trifft.
Ein Blick, ein Wort, ein Urteil.
Und jeden Tag sind das andere Worte hinter mir. Manchmal bin ich das komische Mädchen, mal das blasse, mal das hässliche, das mit den Wunden im Gesicht, das mit den verquollenen Augen, das mit dem überschminkten Gesicht, die Arrogante, das mit dem Rock, der ihnen nicht gefällt, das mit der vom Winde verwehten Frisur, die Oberflächliche, das Püppchen, das mit dem Tee, die Schlampe, die mit dem Bremenschal, die Tussi.
Immer diese Worte. Und ich fürchte mich.
Ich fürchte mich vor ihren Gedanken, ihren Urteilen. 
Die so endgültig sind und zu früh getroffen werden.
Die mir egal sein sollte und es nicht sind. Weil ich eben doch das schwache Mädchen bin.
Dabei hatte das keiner von ihnen gesagt.

Montag, 23. Mai 2011

Kopf hoch!

Gedanken beiseite
Kopf hoch
Gerade laufen
Immer lächeln
Immer weiter
Nur nicht wieder zurück

Sommer

Sommer
Und überall Licht
Wärme umarmt mich
doch ich friere
innerlich
und lächel dabei
vor Einsamkeit

Sonntag, 22. Mai 2011

Du bist abgereist.

Und dann waren wir noch lange in der Stadt gewesen und haben Cocktails getrunken und getanzt und all die Angst weggelacht,
die nur ich hatte.

Verpasster Anruf.

Und leise in meinem Ohr noch das Klingeln letzter Nacht. Das Telefon an meinem Ohr, als du schon lange aufgelegt hattest. Deine Stimme und kein Ich liebe dich, weil das eben wegfällt, wenn du dich vergessen fühlst. Wenn ich tanzen gehe, weil du weit weg bist, sonst würde ich dich mitnehmen. Weil ich dann lachen kann, obwohl du fehlst. Wenn du traurig bist, weil ich dich nur anrufen will, wenn ich allein bin und nur für dich. Weil ich zu selten anrufe, sagst du, und vielleicht hast du Recht.  
Warum hast du mich nicht angerufen?, fragst du. Warum nicht, ich will doch deine Stimme hören.
Und warum hast du dann nicht angerufen?  
Na, weil ich doch auch unterwegs war.
Und ich verstehe nicht mehr, warum ich dann Schuld bin. Warum es manchmal um Schuld geht. Wenn mich nur Liebe und du interessieren. Manchmal wirst du albern. Dann fragst du, ob ich dich denn nicht vermisst habe. Doch, ich vermisse dich immerzu. Und wenn du auflegst, ist da nur dieses leise dis in meinem Ohr, immer wieder, dieses Er-hat-aufgelegt-Geräusch des Telefons. Ein gleichmäßiger Herzschlag, der mich nicht interessiert. Denn du fehlst. Du fehlst mir. Als könnte ich dich vergessen.  
Ja, aber wenn ich dir auch fehle, sagst du, warum rufst du mich dann nicht einfach an?
Und du siehst gar nicht die Kreise, die wir ziehen und die mir so egal sind. Und mich interessiert nicht, wer anrufen hätte müssen und sollen und wollen gesollt hätte, denn ich will nur deine Stimme. Denn mehr ist unerreichbar.
Und dann fragst du, Anna, fragst du, kommst du zu mir? und erwartest, dass ich lüge. Und bist manchmal traurig, wenn ich nicht mehr antworte, weil du weißt, dass ich will und so gerne. Und dass mich all die Weite zwischen uns mehr verletzt als jedes ungesagte Ich liebe dich. Und weil ich diese Weite nicht eine Sekunde vergessen kann. Auch nicht, wenn du so tun willst mit mir so als ob und dass ich bei dir sein könnte, wenn ich nur wollte. Und ich will ja und bin trotzdem hier und falsch und schweige und lüge nicht, sondern sage Bald, bald.
Und gestern Abend, als ich tanzen war und du nicht oder doch aber weit weg und ich weiß es nicht und du fragst mich Mit wem?. Und bist eifersüchtig, manchmal, weil ich dich nicht angerufen habe, oder verletzt. Und das ist nur manchmal so und an manchen Tagen fragst du nicht und ich weiß nicht, ob das das ist, was man launig nennt, wenn man nicht versuchte, Schubladen zu vermeiden. Und ich nicht weiß, ob es nicht falsch ist, wenn ich denke, dass das doch nicht ernst sein kann, wenn ich dich nicht ernstnehme, manchmal.
Und wenn wir so unterschiedlich sind, so unterschiedlich und uns nie kennengelernt hätten und ich dich trotzdem liebe und über alles. Und wenn ich so sehr liebe, dass du ehrlich bist und dich nicht versteckst, nie versteckst und sagst, was du denkst. 
Auch wenn ich manchmal nicht mag, was du denkst. 
Und wenn du fragst, Anna, fragst du dann, warum bist du heute so schnippisch? Was ist los mit dir? Bist du traurig? Ist alles in Ordnung?. Und ich dann gemein werde und ehrlich und das ist oft das Selbe. Und ich dir sage, dass alles in Ordnung ist, dass ich nur deine Fragen nicht mag. Und du dann sagst Aber ich habe oft solche Fragen gestellt, und da haben sie dich doch noch nicht genervt? Und ich sage, doch, das haben sie und schon lange. Sei froh, sage ich, und hasse mich selber dafür, dann freu dich doch, dass ich damals so tolerant war.
Und dann überraschst du mich und sagst Diesen Streit, den wir jetzt haben, den hätten wir nicht, wenn du bei mir wärst.
Und ich glaube fast, dass du Recht hast, denn du fehlst mir und das tut weh. Und Wunden machen ungerecht. Und egal woher sie kommen, egal wer Schuld ist, es ist mir egal. Und ich will keine Schuld und keinen Streit, nur dich an meiner Seite. Und nicht, dass du auflegst und weggehst, einfach so. Und das tut weh und diese Wunden. Die machen mich ungerecht und ich teile den Schmerz, mit jedem, der ihn nicht verdient hat. Und ich hasse und hasse und hasse mich dafür. Und das Telefon in meiner Hand. Und dann rufe ich nicht an. Weil du nicht Ich liebe dich gesagt hast, weil ich wütend bin und rase und zerstöre, was immer ich berühre. Weil ich nur zu dir will, zu dir und nicht ertrage, wenn du sagst, ich würde dich nicht vermissen. Weil ich nicht glauben will, dass du das denkst und dir nicht glaube und dir doch immer glauben will, dich immer ernst nehmen will und manchmal dennoch lache, innerlich. Nicht vor Freude, sondern weil das alles so absurd ist. Weil ich dich doch liebe und du mich doch liebst, und damit doch klar ist, wer wen nicht vergessen wird.
Und du fehlst mir, und ich rufe nicht an. Und ich vermisse dich und deine Stimme noch immer in meinem Kopf. Gleich neben dem Klingeln letzter Nacht. Das Telefon an meinem Ohr, obwohl du schon lange aufgelegt hast.
Ja, aber wenn ich dir auch fehle, sagst du, warum rufst du mich dann nicht einfach an?
Und ich, ich weiß es auch nicht.

Freitag, 20. Mai 2011

Freitag und Vater.

Vorhin bin ich in die Stadt gefahren, wie jeden Freitag.
Um einen Kaffee zu trinken, mit meiner Mutter, wie jeden Freitag.
Und dann standest du an der Haltestelle, und das war neu.
Und dann fällt es mir wieder ein.
Du bist ja hier.

Du hast dich überhaupt nicht verändert.
Dein Bowlingkugelkopf klebt an meiner Schädelinnenseite.
Der Kopf wird kahler, aber der Blick ist noch genau derselbe.
Und selbst das himmelblaue Hemd sieht an dir 
nur dreckig aus und heuchlerisch.
Alles an dir widert mich an.

Das Verstecken war umsonst.
Das Fliehen und Rennen,
das Laufen, um dir zu entkommen,
all das, worfür ich in den letzten Tagen gekämpft habe.
All das war umsonst.

Stehst du an der Haltestelle.

Die Bahn hält. Ich hoffe, du hast mich nicht gesehen.
Und ich drehe mich nicht um.
Und auf einmal ist da nur noch Angst.
Ich drehe mich nicht um.
Angst.

Und ich fange an zu laufen und fühle mich 
auch nach drei Seitenstraßen nicht sicher.
Du bist in dieser Stadt.
Wo könnte ich da noch sicher sein?

Ich esse. Bin also gesund, nun.

"Nimm das Essen als deine Medizin!"
haben sie immer
und immer
wieder gesagt.
Aber hat es je irgendetwas geheilt?

Fortschritt.

Ich habe Fortschritte gemacht.
Ich kann mittlerweile unabhängig vom Essen unglücklich sein, sage ich, und lache dabei, als wäre das ein Witz. Und sie lachen mit.
Aber was hat sich geändert?
Ich überlebe ohne Probleme.
Ich esse. Ich schlafe. Ich überstehe die Tage.
Das alles ohne Probleme. 
Es ist besser als früher, aber ist das schon gut?
Ich esse. Ist das alles? 
Satt. Immerzu satt.
Egal wie hungrig ich noch immer
diese Leere in mir trage, die einfach nicht geht.
Schaffe ich es nun endlich, krank und hässlich zugleich zu sein.
Immersatt und leer.
Ist das schon Fortschritt?

Heimweg.

Auf dem Heimweg liegt schon der Geruch von Nacht in den Häuserecken. Und in den Straßen, neben den frisch gelegten falschen Spuren und den Pfützen vom Regen gerade eben. Meine Haare sind fast so nass wie mein T-Shirt und die Haut darunter. In meinen Schuhen platscht das Wasser jeden Schritt ein wenig nach. Und es riecht nach Haschisch und Alkohol. Die Menschen zerren einander aus dem Weg oder zu sich heran und manche ins Gebüsch. Und sie schwanken und schunkeln und schreien laut wirre Worte in die Dunkelheit. Doch die Dunkelheit spuckt sie wieder aus, und so liegen sie auf den Straßen im Dreck bis zum Morgen. Manche noch immer Arm in Arm. Manche so allein, wie sie schon die ganze Zeit waren.

Donnerstag, 19. Mai 2011

kannnichtmehrkannnichtmehrkannnichtmehrkannnichtmehrkannnichtmehrkannnichtmehrkannnichtmehrkannnichtmehrkannnichtmehrkannnichtmehrkannnichtmehrkannnichtmehrkannnichtmehrkannnichtmehrkannnichtmehrkannnichtmehrkannnichtmehrkannnichtmehrkannnichtmehrkannnichtmehrkannnichtmehrkannnichtmehrkannnichtmehrkannnichtmehrkannnichtmehrkannnichtmehrkannnichtmehrkannnichtmehr. muss.

Zuhause.

Nach dem Warten gehe ich schließlich nach hause, 
weil es ja doch mein zuhause ist und nicht deins. 

Vielleicht war es Leichtsinn, denn sie hatte ja noch nicht angerufen. Kehre ich zurück, wovon ich geflohen bin. Ich habe zwei Stunden gewartet. Auf dem Weg zurück zerreiße ich Blumen am Wegrand. Blinzel in die Sonne und mein Kopf tut weh. Tut so weh, dass ich gar nicht weiß, wie es mir geht. Weil alles taub ist. Ich bin so müde. Nur müde. Will schlafen. 

Und um Fünf ist schließlich schon lange vorbei.

Und an der Ecke und die Ampel grün und die Sonne gelb und die Haustür grau.
Die letzten Schritte und keine Post im Briefkasten.
Die Treppe hinauf und der Schlüssel und die knarzende Tür.

Und deine Koffer im Flur, dabei ist es schon halb sieben.

Und ich drehe um, die Treppen hinunter, der Flur, die Straße, der Weg, weit weg, sofort. Und fliehe noch einmal. Dabei ist es doch mein zuhause und nicht deins.

Dienstag, 17. Mai 2011

Vorangst

Seine Ankunft steht bevor.
Hängt wie ein Urteil über mir im Ungewissen und fällt. Mit mir in die Tiefe.
Du wirst kommen.
Und ich fürchte mich. Ich fürchte dich.
Mein Kopf tut weh. Bleiern wie die Waffen, mit denen du mich schlägst, immer wieder. Und jeder Kampf gewonnen dein. Und jeder Hieb ein bisschen Tod.
Bringst du das Grau zurück in meine Welt. Zerfalle ich schon jetzt wieder.
Asche, Staub, Regen.
Du wirst kommen.
Und ich habe Angst. So schreckliche Angst.
Dabei kommst du unbewaffnet. Und ich bin längst nicht mehr so allein.
Doch meine Rüstung schützt nicht vor Erinnerungen.
Nur ein Stocken in deiner Sprache. Nur ein Husten wie damals. Nur eine Narbe, eine Wunde in deinem Gesicht. Nur ein Blick in deine eisblauen Augen. Und schon ist alles wieder da.
Du wirst kommen.
Und ich werde rennen und rennen.
Und ich werde nicht entkommen können.

Montag, 16. Mai 2011

Vierhundertsechsundzwanzig Kilometer

Es ist zu viel.
Und du weinst am Telefon. Und ich bin weit weg, zu weit weg.
Und deine Tränen graben Löcher in mein weiches Herz.
Mein Arm um dich in der Nacht. Will ich dich halten, bis es morgen wird.
Ich bin bei dir, an deiner Seite, immerzu.
Nur es sind meine Arme nicht lang genug.
Will ich dich wärmen, wenn die Nächte so lang sind und so kalt.
Will dich nicht allein lassen, mit den Monstern dieser Dunkelheit.
Will ich bei dir sein und bin es nicht.
Ich bin weit weg, so weit weg, zu weit weg.
Und meine Hände bleiben leer. Und deine Schultern ungeschützt.
Weinst du und weinst du und ich kann nichts daran ändern.
Und ich bin nicht bei dir.
Es tut mir Leid.

Sonntag, 15. Mai 2011

Du fehlst mir.

Nachts, wenn es fast schon morgen wird.
Wenn ich aufwache, weil es so still ist, dass ich hören kann, wie dein Atem fehlt.
Wenn das Bett neben mir leer ist.
Wenn es kalt ist.
Wenn da nur dieses Nichts ist, das sich langsam in mein Herz geschlichen hat.
Das dort wächst und an mir nagt und immer weiter.
Das mich aushöhlt und bleibt.
Und deine Hand nicht auf meiner Haut.
Halte ich meine Knie fest umklammert, damit sie nicht auch noch verschwinden.
Damit ich wieder aufstehen kann, irgendwann.
Nachts, wenn es fast schon morgen wird.
Und dunkel bleibt.
Und du fehlst.
"Wenn er einschlief, lag sein Herz am Fußende seines Bettes wie ein gezähmtes Tier, das gar kein Teil von ihm war. Und jeden Morgen, wenn er erwachte, war es wieder im Schrank seines Brustkorbes, es war schwerer und etwas schwächer geworden, aber es schlug noch.
Und am Nachmittag war er abermals überwältigt, irgendwo anders zu sein, irgendwer anders zu sein, irgendwer anders irgendwo anders zu sein.
Ich bin nicht traurig.
"

Auszug aus "Alles ist erleuchtet", Jonathan Safran Foer.

Samstag, 14. Mai 2011

ugliness

I want to be thin
so thin
so thin
that I wouldn't be
fat anymore.
But I'm afraid to.
I'm afraid, too.
And I'm weak.

Freitag, 13. Mai 2011

Danksagung

Danke, dass du meine Kämpfe für mich kämpfst, wenn ich dafür zu schwach bin.
Dass du zuhörst, egal ob ich reden kann oder nicht.
Dass du mich kennst, wenn ich mich schon wieder verliere.
Dass du da bist, wenn ich es mal nicht bin.
Dass du weißt, warum du mich liebst, wenn ich dafür keine Gründe finden kann.
Danke, dafür, dass du bei mir bleibst, wenn ich es nicht verdiene.
Dass du mich aufhebst, wenn ich mich zerstreue.
Dass du jede meiner Scherben aufsammelst, nach jedem Sturm.
Dass du sie vom Dreck unterscheiden kannst.
Danke, dass du mich festhältst, wenn ich zu sehr zitter.
Dass du mein Halt bist, wenn der Boden unter meinen Füßen verschwindet.
Dass du mir hilfst, wegzurennen, wenn ich schon nicht mehr allein aufstehen kann.
Dass du mich atmen lässt, wenn sich der Staub in meine Lungen setzt,
wenn mein Herz eine Müllhalde wird,
wenn ich an Vergangenheit fast ersticke.
Dass du meine Zukunft bist.
Dass du mich liebst.
Danke.

Dienstag, 10. Mai 2011

Doch noch nicht vorbei.

Ich liege wach und fange langsam an, mich an das Atmen zu gewöhnen. Meine Nase ist noch voll von den Tränen. Aber langsam bekomme ich wieder Luft. Mein Hals kratzt, meine Stimme kaum hörbar. Meine Augen sind ganz rot und nass. Und dein Bild ist noch immer in meinem Kopf. Ich bin zurück. Deine abgenagten Finger haben sich fest um mein Herz geschlossen. Und drücken gleichmäßig zu. Tränen. Und es tut noch genauso weh. Die drei Jahre dazwischen vergessen. Nie gewesen. Ich bin zurück.
Wie lange dauert eine Reise in die Vergangenheit?
Nur eine verdammte Postkarte.
Mit dem Bild deines Sohnes und aufgedruckten Worten.
Doch ich brauche auch nicht deine Handschrift, wenn doch schon deine Unterschrift ausreicht um wenigstens für den Moment alles einbrechen zu lassen, was ich mir mühsam aufgebaut habe.
"Dein Vati" und ich gehe zu Grunde.
Und mit einem Mal bricht all die Enttäuschung all der Jahre über mir ein. Ich ersticke an den Brüchstücken meines Kartenhauses. Die Joker sind gefallen. Ich zähle Kreuze auf dem Hügel. Und habe nur ein Herz.
Tränen. Und ich atme kaum.
Kann den Mund nicht öffnen, ohne zu wimmern. Das Blut von eineinhalb Jahrzehnten liegt mir auf die Zunge. Das Blut aus drei Tonnen Glasscherben. Und hunderten von leeren Versprechen. Und einem immergleichen Schmerz.
Und die Tränen brennen auf meiner Haut. Die Wangen durchweicht und schwarz. Fangen langsam an zu splittern und zu reißen. Und ich reiße gleich mit. Zwei Teile oder zweitausend. Ich weiß es nicht.
Und mein Herz in deiner halbzerfallenen Hand. Und dennoch reicht deine Kraft für zwei Herzschläge. Die Faust in mein Leben. Und Trümmer an der Wand. Matschig braun am Boden. Ein Rinnsal. Und meine Brust so leer. Ich implodiere. Herz Ass, Herz Dame, herzlos.
Und ich schwimme in meinen Eingeweiden.
Meine Augen kaum zu öffnen, drehen sich nach innen und sehen den Gedanken beim Kreisen zu. Die Augen zu! Die Augen zu! Doch ich bin zum Sehen verdammt. Ich kann nicht mehr.
Ich will vergessen, schlafen, weinen, weinen, schweigen, schlafen, rennen und dann immer weiter.
Ich will weg. Nur weg. Weit weg und dann nie wieder umkehren.
Tränen. Immer nur Tränen. Ein Meer, kein Wind, kein Schiff wird kommen. Und ich ertrinke allein.
Ich will nur schlafen, nur schlafen und dann.
Nie wieder aufwachen. Nirgendwann.
Und plötzlich ist es still, denn ich habe aufgehört zu schreien.
Und danach die Leere. Und überall.
Das Echo in mir noch immer ungebrochen. Laut, lauter, lauter, lauter, lauter. Hört einfach nicht auf. Deine Worte noch immer. Ja, es ist noch lange nicht vorbei. Und die Tränen noch immer ein Feuer auf meiner Haut. Es brennt das Salz in meinen Wunden. Und meine Kriegsverletzungen unverheilt. Fällt mein Herz wieder ab, von neuem, schon wieder. Dabei dachte ich, ich hätte es genügend oft genäht. Und müde. Mein Mund schon versiegelt. Kann nicht mehr, kann nicht lachen, nicht schreien. Nichtmal mehr flüstern, bin ich verstummt.
Und Worte so wertlos und immer das selbe. Bleibt immer das selbe. Und bleibt immerzu.
Gedanken zu Tränen zu Blut.
Ich kann nicht mehr.

Auszug aus meinem Tagebuch, Montag der 16.06.2008

Don't speak!
I know just what you're saying
so please stop explaining
don't tell me 'cause it hurts

Anna, jetzt ist mir alles klar. Es war absolut sinnlos. Sie hat mir alles erklärt, jetzt ist alles ganz einfach und logisch, Anna, Anna!, ich war so dumm..

Don't speak!
I know what you're thinking
and I don't need your reasons
don't tell me 'cause it hurts

"Aber auch so wäre es falsch gewesen."

Ja, Anna, ach du hast Recht, ach, ach Mann, es tut mir Leid, ich war so dumm, ihr nicht zu vertrauen, ich hätte sie nur fragen müssen, ach Mensch..

you and me
we used to be together, 
everyday together.. 

"Ich kann das unserer Familie nicht mehr zumuten. Er kann sich diese Schulden aufhalsen, aber ich will verhindern, dass wir alle darunter leiden. Es geht nicht mehr. Es ist zu viel."

Wie lange dauert eine Trennung? Eine Reise nach Hamburg. Und 12000 Euro. Für Tänze im Nachtclub. Bezahlt wird in bar oder in Familienleben. 
Und Schulden und Schuld und einmal zu oft.

"Es ist zu viel."

always..
and I feel like I'm losing my best friend
can't believe this could be the end 

Anna, bitte bleib. Ich liebe dich doch. 

Anna, du kannst doch nicht im Bad schlafen. Das geht doch nicht, Anna. es tut mir leid. Anna, hörst du mich? Anna, ich muss auf Toilette. Anna, Anna! Du kannst doch nicht im Bad schlafen. Anna, es ist meine Schuld. Es tut mir so leid. Anna. 

Einzimmerraumwohnung ohne Ruhe. Ohne Schlaf. Ohne Versteck.

Anna, ich will es doch schaffen. Aber nur, wenn du bleibst. 
Ich will nicht, dass du dir Sorgen machst, das brauchst du nicht. 

Anna, ihr hattet so recht. Es war alles ein Fake. Anna, ich war so dumm.

Anna, bitte geh nicht. 
Anna, ich habe ein Osterei für dich gemalt und deine Schokolade gekauft.

and I can't let it go
and if it's really I don't want to know

Ich will dich nicht auch noch verlieren, Anna, ohne dich kann ich das nicht schaffen.
Anna, du brauchst doch keine Therapie, ich brauche wenn dann eine. 
Anna, ach, du brauchst doch keine Therapie.

Anna, ich muss mal Pinkeln, lass mich ins Bad, bitte Anna, rede mit mir. Sag doch was!

"Ich will doch nur schlafen. Morgen ist Schule. Ich muss schlafen."

Dein Gesicht vor der Tür und rot. Doch der Geruch ist schon durch den Türspalt gekrochen. Rauch und Alkohol und "Titty Twister". Ich kann nicht vergessen. 
Will nur schlafen. Nie wieder aufwachen, bitte.

Aber doch nicht im Bad!

"Aber doch nicht mit dir in einem Zimmer."

Dann schlafe ich halt im Bad, aber Anna, bitte rede doch wenigstens mit mir. 
Komm raus, bitte, Anna.

Don't speak

Ich will doch nur schlafen, nur schlafen, nur schlafen und nicht mehr denken müssen.

I know  what you're saying
so please stop explaining
 
Anna, isch habe misch ausesberrd, gib mir bidde deinn Schlüszsel. 

"Anna, so warte doch."
"Glaubst du, ich möchte mit einem betrunkenen Penner reden?"
"Anna, er hat sich ausgesperrt."
"Ich finde es widerlich."
"Er ist immerhin unser Vater."

Achso, na immerhin.
Werfen und rennen.

don't tell me 'cause it hurts

Und da sitzt er auf dem Boden. In Unterhose und isst mein gekochtes Essen. Wäre er dagewesen, wäre es unser Essen gewesen. So isst er es halb vier und grunzt und stinkt und grinst und lallt und schmatzt.

Don't speak!
I know what you're thinking

Ich hasse ihn.
 
I don't want your reasons

Er hat mich so oft im Stich gelassen.

Ich bin kurz weg, Anna, bis gleich. -  
RUMMS. Und der Tisch fällt um, als er das Bett verfehlt.

Ich brauche mal schnell dein Radio, bin nur kurz weg. 
Anna, mir ist gestern Abend irgendwie die Antenne abgebrochen.

Was? Du hast alles sauber gemacht?
"Du warst ja auch nicht da. Und hast nichts gemacht."

don't tell me 'cause it hurts

Anna, ich will zu ihr in die Philippinen ziehen.

Er war einfach nicht da. Nie da. Und bald ist er weg. Und übrig bleibt Hass. Keine Liebe, nur Hass. Erleichterung. Und leere Wut. Kalter Hass. Stilles Kochen. Distanziertes Lächeln. Höfliches Lachen. 
Ohnmächtiger Ekel. Aber ich weine allein.

Don't speak! Don't speak! Ah...

Es waren doch nur ein paar Drinks. Guck mal, hier ist sogar einer nach mir benannt, kann man hier richtig bestellen, als "Ralphs letzter Drink".

"Ja, ich habe ihn mal gesehen, so um drei in der Stadt, mit Flecken auf dem Shirt, sabbernd kam er aus dem Titty Twister."

Don't tell me 'cause it hurts.

Und nicht alle Wunden heilen. 

Don't speak!

Ich will weg.
In ein anderes, sorgloses Leben. Aber auf jeden Fall weg.

Hush, hush darling
Hush, hush darling..
Hush, hush - 
Don't tell me 'cause it hurts.

Ich will vergessen.

Fast vergessen.

Nach Jahren des Schweigens eine Postkarte. 
Nach 1000km der Ferne ein Bild.
Und Worte, wie sie nur auf Postkarten stehen können. 
Und das Wetter ist gut. Dem Kind geht es gut. Der Frau geht es gut. 
Alles gut, alles gut.
Am Ende steht "Dein Vati". Und das ist es, was so wehtut. 
Ich habe nichts getan.
Ich glaube, das war mein größter Fehler.
Wie lange dauert es, bis die Angst wiederkommt?
Nur einen Anruf.

Montag, 9. Mai 2011

Schuld und Lügen (Aus meinem Tagebuch, irgendwann im November 2010)

„Anna“, sagst du, aber ich drehe mich nicht um.
Den Klang deiner Worte noch immer im Ohr, im Kopf, den Hals herunter.
Verklebt meine Lungen. Ich atme schwach und renne weiter. 
Es war kein Fehler, aber es war. Du bist Vergangenheit.

Asche auf mein Haupt. Ich bekenne mich schuldig. Die Schuld noch immer schwer und metallen. Die Schneide eines Messers hauchzart am Herz vorbei. 
Ich habe gelacht. Verzeih mir.

Ich weiß, ich habe Fehler gemacht. 
Und manchmal bereue ich. Nicht alles, aber mich. 
Ich habe dich verbraucht. Es tut mir leid. 

Und ich renne. Deine Stimme, dein Lächeln, dein Atem immer wieder. 
Du hast gelächelt. Das war vor mir.
"Du und ich. Für immer lachen." Doch für immer war nicht, was ich wollte.
"Wie geht es weiter?", fragst du. Und ich schweige.
Weiche den Augen aus, in denen ich eben noch versunken bin.
Du siehst mich an und traurig. "Für immer lachen?"

Und ich ziehe mich an. Das ist nicht, was ich wollte. 
Ich sammel meine Sachen, Stück um Stück, den Weg hinaus. 
Bis nichts bleibt. Und folge der Spur bis zur Tür und nicht weiter. Will ich gehen und du willst es nicht.

"Bitte bleib hier. Musst du schon gehen?" 
Ich schüttel den Kopf und nehme meine Jacke vom Haken.
"Warum bleibst du nicht? Kommst du wieder?" 

"Anna", sagst du. 
Deine Stimme so leise. Wie nie zuvor. Es tut mir leid.
Das habe ich nicht gewusst, will ich gerade lügen, da ist es schon zu spät. 
Leise, so leise, so schrecklich leise. "Kommst du wieder?" 

Und ich höre deine Angst. Leise, so leise, wie nie zuvor. 
Und ich schweige und bedecke mein Gesicht. 
Und ich drehe mich nicht um. 
Und ich weiß deinen Blick in meinem Nacken. 
Und kein Lächeln in deinem Gesicht.
Ich habe gelacht. Verzeih mir.

Die Treppe Schritt für Schritt und jeder Tritt in dein Herz. Das Klacken dein Pochen. Und dein Lächeln hinter mir. Irgendwo. 
Aber dein Lächeln. Dein Lächeln, das war vor mir. 
Und nach mir die Leere und hinter mir dein Haus. 
Und in meinem Rücken dein Blick. Die Schuld noch immer an jedem Tag. Sie war mein Messer in deinem Rücken. Und ich war diesmal die, die lügt. 
Und hinter mir kein Lächeln mehr.

"Für immer lachen" Und wieder und wieder und wieder nur du.
Und ich renne die letzten Stufen zur Luft.
Und draußen ist es kalt. So kalt und ich ganz taub.
Ich schließe alle Türen hinter mir.

Und renne und renne. Die Straße nie weiter.

"Anna", sagst du, und ich drehe mich nicht um. Nie wieder um.
Es war kein Fehler, aber es war. 
Du bist Vergangenheit.

Präventivvernichtungsschlagversuch.

Ich bin mir sicher, ich halte an den falschen Dingen fest.
Dabei habe ich dafür keinen einzigen Grund.

Ich bin Kassandra. Ich ahne das Scheitern schon voraus. Doch ich glaube mir nicht. Ich renne unbeirrt weiter. Einfach weiter, unbeirrt davon, dass ich weiß, dass dieser Weg in einen Abgrund führt. Ich weiß, ich weiß, es ist mir egal. Ich will nicht länger meiner Erfahrung glauben. Will wieder hoffen. Ohne Zweifel. Will wieder glauben. Und falschen Wegen folgen, ohne es von Anfang an zu wissen. Ich will den falschen Weg genießen, solange es meiner ist.

Ich will das Scheitern aus meinem Kopf. Will nicht länger darüber nachdenken, dass es falsch ist. Dass es nicht geht. Ich will es nicht wissen. Ich will wieder naiv glauben, woran auch immer.
Doch ich bin Kassandra. Ich weiß um mein Scheitern. Und ich sorge dafür.
Dafür, dass jede meiner Ängste wahr wird.

Und ich werde mich schon vorher damit abgefunden haben werden. Weil es so weniger wehtut. Aber das stimmt nicht. Das Nichtglauben nagt langsam das Herz leer. Ich will wieder glauben. Aber ich kann nicht mehr. Ich habe verlernt. Ich habe verlernt, mutig zu sein. Ich will kein Risiko. Mein Herz als Einsatz ist mir zu teuer. Ich will Sicherheit und bekomme Taubheit. 
Ich weiß, ich halte an den falschen Dingen fest. 
Aber wären sie falsch, wenn ich es nicht wüsste?

Ich will vergessen und glauben und immer wieder. Und vergessen und neuanfangen und jetzt. Ich will jetzt leben. Ich will nicht darüber nachdenken, warum nichts bleibt. Ich will das jetzt genießen. Aber ich habe Angst. Und fange schon an mit dem Ende. Bevor es zu spät ist. Bevor es wehtut. Doch es tut schon weh. Ich will nicht wissen, was kommen wird. Ich will nicht daran denken, was ich alles zerstören werde. Ich will es nicht wissen. Nimm diese Gedanken aus meinem Kopf. Nimm sie und bleib. Denn für alles andere sorge ich alleine. 
Bitte bleib. Bitte bleib. Bitte bleib.

Ich werde so tun, als ob es mir egal wäre. Ich werde dir zeigen, dass es nicht wehtut. Dass ich dich nicht brauche. Und mir, dass ich allein sein kann. Ich werde dich und mich belügen. Ich werde eiskalt sein. Ich werde gehen, bevor du es tust. Dabei gibt es keinen Grund.
Nicht einen einzigen Grund.

Ich bin Kassandra. Ich weiß um mein Scheitern. Und ich werde dafür sorgen.
Bitte glaube mir kein Wort mehr. Kein Wort mehr ab heute. 

Ich werde rennen. Lass mich nicht. Lass mich nicht allein.
Lass nicht zu, dass ich das Ende schon vorbereite.
Bleibe bei mir. Und nimm das Scheitern aus meinen Gedanken.
Aber bitte bleib. Bleib. 

Denn es gibt nicht einen einzigen Grund.

Sonntag, 8. Mai 2011

Manchmal tun die Scherben schon weh, noch bevor das Glas zerbricht.

Freitag, 6. Mai 2011

nicht weiß mehr

ich bin
so müde
bin ich
ich so sehr
dass ich

nicht mehr weiß
nicht weiß mehr
mehr nicht weiß

als das ich
ich bin
und müde
bin ich
allein.

Spurenbeseitigung

Heute hat es
ganz kurz nur,
nur einen Moment lang,
in der Stadt nach dir gerochen,
doch ich habe die Tränen
sofort weggewischt.

Donnerstag, 5. Mai 2011

Sie töten
die Menschen
wie sie auch
alles sonst so
nehmen
wie es ist
und ändern.

Einmal.

Ich wollte dich
einmalig
überraschen.

Da hast du gefragt:
Machst du das
morgen wieder?
Immer wieder?

Und hast gebeten
und gefordert
und getreten
und geschrien.

Und ich habe gesagt:
Nein.
Nie wieder.
Niemals wieder.
Es ist vorbei, ich habe
gewonnen,
dachte ich ehrlich, dabei
habe ich
alles verloren.

Ich bin wieder da

Das Leben geht weiter und das ständige Suchen nach Ausreden hat wieder angefangen. Es ist alles beim Alten, von den zerzausten Haaren, dem chronischen Schlafmangel bis zu den Wunden, die ich Tag um Tag erfolglos versuche zu überschminken. Mein Gesicht wird immer blasser und die Lippen immer schmaler. Meine Mundwinkel hängen manchmal so sehr herab, dass ich ernsthaft erwäge wahlweise Politikerin oder alt zu werden. Oder beides, aber dann kann ich die Schuld für die schlechte Rente und die Falten in meinem Gesicht ja niemandem weiterreichen. Ja, es ist wieder alles beim alten. Ich stehe morgens zu spät auf, und es fühlt sich  trotzdem wie 3 Stunden zu früh an. Mindestens. Um halb 7 ist die Welt noch grau, und der Sommer ist auch schon wieder emigriert. Würde ich auch, wenn ich noch könnte. Aber ich war schon immer gegen blinden Aktivismus, und am Morgen gegen alles außerhalb meines Bettes. Bleibe stattdessen also hier und genieße die Eintönigkeit bzw. halte Traditionen aufrecht. Ich stehe morgens auf, ohne dass es wirklich Sinn macht. Sinn ist hierbei gleichbedeutend mit irgendetwas Reizvollem, das das Aufstehen weniger zwanghaft gestalten würde. Sonnenstrahlen wären beispielsweise aufmunternd. Aber da eben dieser Sinn fehlt bleibt das Aufstehen fast so sinnlos, wie alles, was danach kommt. Reden, zum Beispiel. Mit Menschen, widerlich, so etwas. Besonders, wenn es nette Menschen sind, eine Gruppe, der ich mich aufgrund bereits erläutertem Schlafmangel absolut nicht zugehörig fühle. Griesgrämige Menschen sind da einfacher, man kann sich nicht den Vorwurf machen, ihnen die Laune verdorben zu haben. Dazu sind die Vorraussetzungen dieser Menschen zu schlecht, der Unterschied zwischen vorher und nachher fällt einfach zu wenig auf. Bei gut gelaunten Menschen ist er jedoch beinahe so deutlich, wie in den Zeitschriften. Vorher mit Augenringen und weißem T-Shirt vor weißem Hintergrund und mürrischem Blick, nachher ein sonnengelbes Top, perfekt geschminkt und lächelnd auf einer Sommerwiese. Nun ja, nur eben andersherum. Das Lächeln war, bevor ich kam. Ich kam, sah und nölte. Ja, es ist alles wie immer. Ich stehe auf, stelle fest, dass es zu spät ist. Verlaufe mich in dem Irrglauben, dass das bedeuten würde, ich hätte noch 5 min. Nach 5 min die Ernüchterung: Heißt es nicht. Ich springe auf, finde spontan nur Anziehsachen, die weder meiner Laune noch den Wetterbedingungen entsprechen. Hadere, verzweifle, merke, dass dafür ebenfalls die Zeit nicht reicht. Kämme mir stattdessen die Haare. Hadere, verzweifle und komme zu dem Schluss, dass Schönsein ein Luxusgut ist, ebenso unerreichbar wie Zeit und Ruhe am Morgen. Denke, dass es mir egal sein kann, was die Leute von mir denken, und ahne bereits, dass ich das in ein paar Stunden in einem ruhigen Moment vor einem gut ausgeleuchteten Spiegel anders sehen werde. Stelle fest, dass ich aber jetzt keine Zeit habe, mir darüber Gedanken zu machen. Will losgehen und muss noch dreimal umkehren, um doch die Hälfte noch vergessen zu haben. "Keine Zeit", rufe ich beim herausgehen (bzw. -rennen bzw. -stolpern bzw. -fallen bzw. Haare kämmen bzw. Jacke zuknöpfen), meine neue Verabschiedung. Einfallslos und unemotional, aber es gibt in einem nicht mal vollständigem Satz meine Stimmung und mein Redebedürfnis wieder. Ohne die Notwendigkeit völlig überschätzter Satzglieder wie Subjekt und Prädikat. Als ich die Haustür verlasse, sehe ich auf der anderen Straßenseite einen Bus. Meinen Bus. Beschließe, das morgendliche Selbstüberschätzung ein Segen ist, dass meine Sprintfähigkeiten eh unterschätzt werden, und dass keiner glauben sollte, dass ich morgens unmotiviert wäre. Während ich mich so selbst anfeuere, transformiere ich, multitaskingfähig, wie ich nun mal bin, meinen Tea to Go in eine wohltätige Spende an Blumen, Straßendreck und meine Hose. Amnesty International wäre besser gewesen. Aber wo ein Wille ist, ist auch ein Weg bzw. in meinem Fall: Wenn man sehr bemitleidenswert zerzaust beim Rennen wirkt, wartet sogar der Busfahrer. Ich keuche armselig stark, als ich den Bus betrete. Zähle von nun an auch Sportlichkeit zu den Luxusgütern. Die Blicke dieser anderen Lebewesen meiner Gattung erinnern mich daran, dass mir die Meinung anderer doch nicht egal ist. Beim genaueren Nachdenken stelle ich fest, dass auch meine Meinung nicht viel wohlwollender ist. Der Platzmangel des überfüllten Busses zwingt mich zudem zum ausgiebigen Bewundern meines stilistischen  Meisterwerkes im Rückspiegel. Wäre ich Picasso, ich würde meine Haare für kubistisch, mein Gesicht für gespenstisch und meine Kleidung für kontrastreich halten. Insgesamt also künstlerisch wertvoll. Stoße jedoch offensichtlich in meiner direkten Umgebung auf wenig Kunstverständnis. Wünsche mir mehr Toleranz und wenigstens Sonnenbrillenpflicht für Menschen, die dazu neigen, andere Menschen seltsam anzustarren. Und das mit einem Blick, der sich tief in meine Seele eingraben würde, wenn ich die nicht auch auf dem Küchentisch hätte liegen lassen. So jedoch nervt mich der Blick einfach. Der Blick, die Welt. Stelle fest, dass diese Einstellung mir zu einem noch jämmerlicheren Aussehen samt trotzigem Kinderblick verhilft. Finde diese Hilfe unnötig. Denke über Hilfe nach. Denke an Werbungen, die Frauen mit Sprachfehler enthalten. Will gerade an  stärkere Durchsetzung besserer Grammatik appellieren, da fällt mir ein, dass das nicht überzeugt, wenn dieser durchaus richtige Gedanke von jemandem geäußert wird, der morgens über verschiedene Mh-Laute kommuniziert. Lasse dieses Unterfangen. Sehe meine Mission als gescheitert an und suche im Übereifer sofort ein neues Projekt. Aber seit der Geschichte mit der Werbung, die mich über eine lange und unübersichtliche Assoziationskette zu anderen Frauen in der Werbung geführt hat, will mir nicht aus dem Kopf gehen, zu welch Kreativität rundum künstliche Blondinen neigen, wenn es um das Merken von 6-stelligen Telefonnummern mit 3 Nullen geht. Und zu welch grässlich fietschender Stimme. Und schon überdenke ich meine morgendlich aufgestellte These, mein Wecker sei das grausamste und ungerechteste Geräusch der Welt. Ich komme zu dem weisen Entschluss, man müsse so etwas immer in Relation sehen und korrigiere daher zu "ein Geräusch, nur unwesentlich weniger lieblich als Vogelgezwitscher und Grillenzirpen". Vielleicht sollte ich erwähnen, dass ich Vogelgezwitscher unerträglich und Grillengezirpe abartig finde. Oh, und Lebewesen im allgemeinen. Zumindest alles, dass die gleichen Dinge atmet, wie ich. Tiere, Menschen. Ich entdecke erstaunt, dass ich mich zu Pflanzen hingezogen fühle. Frage mich, ob das ein Spontanausbruch von Asexualität oder von Plantophilität ist. Bemerke, das Denken am Morgen mir nicht gut tut. Und dass das einen erweiterten bzw. toleranteren Begriff vom Denken erfordert. Fühle mich dumm und hoffe inständig, dass das nicht die sagenumwobene einfache Wahrheit ist.
Glaube nun an gar nichts mehr, nicht an den Sommer, nicht an die Wettervorhersagen, die ich grundsätzlich ignoriere, nicht an den Wecker, den ich absichtlich überhöre, und nicht an den Terminplaner, den ich aus Faulheit lieber gar nicht erst öffne. Ich komme zu dem Schluss, dass die Welt ein unwirtlicher Ort ist. Wäre ich Christ, ich würde ihn für die Strafe Gottes halten. Bin ich aber nicht. Halte die Welt dennoch für eine Strafe, ich weiß nur noch nicht von wem. Beginne nun, verstrickte Verschwörungstheorien zu knüpfen, die rachsüchtige Kindergartenfeinde und verhasste Diktatoren enthalten. Und Lehrer und Wecker und Daniela Katzenberger. Frage mich, womit ich das alles hier verdient habe. Denke zurückblickend über den Morgen nach, und finde, dass Aufstehen eine dämliche Entscheidung war. Muss leider feststellen, dass ich morgens überdurchschnittlich oft überdurchschnittlich dämliche Entscheidungen treffe. Versuche nun, die Welt zu verfluchen, nur um festzustellen, dass mein Zorn längst nicht so strafend und allgegenwärtig ist, wie der Gottes bzw. von Pia, nachdem ich ihr aus gut begründeter Rache einmal die Puppe geklaut habe. Meine giftigen Blicke versickern im Boden und sind dort fast so willkommen wie der Earl Grey von vorhin. Strahle plötzlich vor Entzücken, wenn ich daran denke, wie vielen Pflanzen ich heute morgen schon geholfen habe.
Doch, ich bin ein guter Mensch.
Helfen kann so schön sein. Jedenfalls ohne Verona Feldbusch.
Und Leben kann so schön sein. Jedenfalls ohne Daniela Katzenberger.

Mittwoch, 4. Mai 2011

Rückblick (Auszug aus meinem Tagebuch, 04.03.2011)

Schläge. »Ich zünder euer Haus an.«
Erinnerungen. Noch lange nicht vorbei.
»ICH BRING EUCH ALLE UM!« Und Angst.
Schläge. Tritte. Eingesperrt. 
Ich bin falsch. Bin niemals genug. Nie genug. Nichts wert.
Schläge. Dein Knie auf meinem Rücken.
Tut nicht weh. Tut nicht weh. Tut nicht weh.
Tränen. Ich bin schwach. Schon wieder verloren.
Schläge. Und Schläge. Rauch aus deinem Zimmer.
Und wieder gehst du fort. Verboten. Wohin? Rebell.
Verloren. Gefallen. In Armut, der du nicht gehörst. Und Angst.
Deine Schreie. Laut. Brutal. Hallen wider. Immer wieder.
Und bleiben in meinen Gedanken. Eingebrannt, wie die Narben, die in meinem Leben bleiben. Narben bleiben. Ich gedenke dein. 
Trauer. Dein Bild. Dein Gesicht auf der Treppe. Deine Kleidung zerfallen. 
Deine Springerstiefel zertreten - was auch immer.
Du sagst, du hasst mich. Und ich glaube dir bedingungslos.
Ich hasse mich auch. Bin niemals genug.
Schläge. Und ich habe sie verdient. Deine Wörter brüllen mich leer.
Bis nichts mehr bleibt. Ich bin ganz leer. Ganz still. Ganz leer.
Am Boden. Unter deinen Knien. Du drückst mich.
Dein Knie in meinem Rücken. Drückst du mich auf den Boden. 
Mein Kopf auf kalten Fließen. Tut nicht weh.
Schläge. Und alle deine Worte schneiden Risse in mein Herz. Ich blute.
»ICH BRING EUCH ALLE UM« Und Angst. Angst. Angst. Angst. ANGST.
Tritt mich, wenn ich am Boden lieg. Es tut nicht weh.
Dein Zimmer. Dreck. Rauch. Verboten. 
Ich klopfe. Du schreist durch die Tür.
Ich seh dich durchs Wohnzimmerfenster. Im Garten. Du rauchst.
Du bist noch viel zu jung. Schon verloren. Ein Abgrund. Schwarze Zeiten.
Du stürzt hinab in die Welt ohne Licht. Deine Wut reißt mich mit. Abwärts.
Immer tiefer. Dein Knie in meinem Rücken. Ich falle. Immer tiefer. Abwärts.
Am Abendbrot. Ich bin ein gutes Mädchen.
Ich lüge nicht, aber ich schweige. Und Mutter weint.
Sie weint meine Tränen gleich mit.
Hinter Gardinen. In meinem Zimmer. Mein Reich. Mein Bett.
Ich weine. Leise. Niemand wird meine Tränen sehen. Tut nicht weh.
Und niemand darf sehen, was mich verletzt.
Narben bleiben. Nicht alle Wunden heilen. 
Bis ich heirate, wird alles wieder gut.
Alles gut. Alles gut. Alles gut.
Erinnerungen. Noch lange nicht vorbei.
Deine Wut verfolgt mich noch immer. 
Verfolgt mich durch mein ganzes Leben.
Du schreist, du hasst mich. Und ich glaube dir bedingungslos.
Nachtgedanken. Dein Hass lebt in mir fort. Und deine Schläge.
»Ich bring euch alle um.« Deine Schritte nachts im Flur.
Du fliehst über das Rankengitter. Du fliehst mit Fremden in die Nacht.
Und Mutter weint. Vater schreit. Vater trinkt. Du drohst.
Offenes Feuer in deiner Hand. Ein Streichholz - angezündet.
»Ich zünde euer Haus an!« Und Angst.
Du drückst mich in die Dusche. Wasserhahn auf. Ich schreie. Warum? Du hältst die Tür der Dusche zu. Wasser klebt auf meiner Kleidung.
Ich bin gefangen. Ich bin schwach. Deine Wut tut mir weh.
Dein Hass ist mein Hass geworden.
Schläge. Immer wieder Schläge. Tritte. Und mein Rücken gebeugt.
Angst. Und alle deine Pfeile treffen.
Reißen Risse in meine Welt. Ich blute.
Und der Schmerz ist nie vorbei.
Schreie. Schläge. Stiche in mein Herz.
Deine Wut bleibt bei mir. Jeden Tag.
Tag für Tag.
Ich hasse mich auch.

Dienstag, 3. Mai 2011

Ich stehe und warte. Mit meinen Fingern kratze ich langsam am Z von Zuversicht.
Darunter ist es schwarz. 

Montag, 2. Mai 2011

"Warum ist hier niemand außer dir und mir? frage ich.
Weil es Nacht ist, sagst du.
Weil sich jetzt Mücken auf die Haut setzen, auf unsere Haut, sich in ihr verbeißen, uns aussaugen.
So wie du und ich, sage ich.
So ähnlich."

Gegenleistung

»Ich liebe dich
Sagst du, und ich schweige. Alles ist gesagt.
Ich weiß, was du hören willst.
Ich weiß, was ich sagen will.
Ich sage nichts. 
»Du weißt es doch«, denke ich. 
»Anna, hörst du, Ich liebe dich.«
»Ja, ich höre dich.« Dann warte ich.»Mh.«
Und ich will nicht reden. Und ich will nicht bei mir sein, sondern bei dir.
»Du weißt es doch, verdammt nochmal.«, denke ich.
»Ich liebe dich!« 
Weißt du noch, als du es sagtest, das erste Mal?
Als du es sagtest, ohne Erwartung. Nur mit Hoffnung.
Doch deine Worte sind anders, jetzt. 
Sie sind nur noch geliehen. Und du willst sie zurück. 
Du ziehst sie geduldig aus meinem Mund.
Und ich bin zu stolz, obwohl sie die Wahrheit wären.
»Ich weiß.«
»Anna, ich habe gesagt, ICH LIEBE DICH!«
Und ich weiß, was du hören willst.
Und ich weiß, was ich sagen will.
Und ich sage nichts.
Ich will dich leiden sehen.
Denn ich will, dass du so bist, wie ich.

Sonntag, 1. Mai 2011

Auch ohne Licht
Schatten überall.

Manchmal

Manchmal merkt man erst, wie dunkel die Nacht ist, wenn man ihr nicht entkommen kann. Wenn man allein ist. Wenn man keine Wahl hat. Wenn es nur noch diesen einen Weg gibt. Nur vorwärts oder zurück. Und  man kann nicht ausweichen. Nachts. Wenn es so dunkel ist, dass man nur hört, aber nichts sieht. Wenn man nur ahnt, wo der Weg ist. Und auch das nur, weil man ihn schon einmal gegangen ist. Wenn man mühsam Schritt für Schritt geht. Wenn das Gebüsch zittert. Wenn es zittert und kichert und strauchelt und lacht. Beinahe. Wenn es flüstert. Worte, die man nicht hören will. Wenn es still ist. So still, dass man seine Gedanken hört. Wenn man keine Wahl hat. Wenn man nicht entkommen kann. Weil es nichts gibt. Nichts, außer den Gedanken. Manchmal merkt man erst dann, wie dunkel die Nacht ist. Und wie weh es tut. Manchmal. Wenn da nur dieses Lachen ist. Dieses fremde. Das gar nicht wirklich man selber ist. Das einen verfolgt. Tag für Tag. Weil man es immer bei sich hat. Um es heraufzubesschwören. Bei jedem schlechten Witz. Um es dabei zu haben, wenn man es braucht. Wenn man nicht weinen darf. Und dann ist es still. Und manchmal merkt man erst dann, wie hohl dieses Lachen ist. Wie falsch. Manchmal merkt man erst dann, dass dieses Lachen gar nicht von  einem selber ist. Auch wenn es langsam ein Teil von einem geworden ist. Manchmal, aber wahr. Manchmal. Manchmal merkt man erst in solchen Momenten, wie oft man lügt. Jemand anders ist. Manchmal merkt man erst dann, dass man die Wahrheit gar nicht kennt. Die Wahrheit. Über sich. Die Anderen. Die Welt. Das Leben. Nichtmal mehr merkt, wann man lügt und wann nicht. Manchmal merkt man erst, wenn man nicht entkommen kann, dass man wegläuft, immerzu. Aber erst dann, wenn man zerbricht. Manchmal merkt man erst dann, das es Sehnsucht ist. Diese Leere, die da lauert. Dass das Sehnsucht ist. Das alles hier. Das einen manchmal dazu bringt, aufzustehen. Und das einen manchmal dazu bringt, zu verzweifeln. Dass diese Tränen wahr sind. Wahrer als all die Worte. Und manchmal, wenn man merkt, dass diese Stille nicht weggeht. Und dass die Sehnsucht bleibt, egal, wie laut man schreit. Manchmal. Manchmal ist, wenn die Gedanken noch lauter sind, als das Rauschen. Als das Radiorauschen, das sich Nachts im Wald verfängt. Zwischen den Ästen und den Tieren.Wenn die Stimmen trotzdem noch lauter sind. Und unausweichlich. Wenn man nicht entkommen kann. Manchmal. Wenn man allein ist. Wenn es dunkel ist. Wenn man keine Wahl hat. Manchmal merkt man erst dann, was die Nacht ist. 
Sie ist ein Spiegel.
Dass das alles jetzt
schon so lange hin ist

Dass du der wirst,
den du fürchtest

Dass du am Ohr
des Pfaffen kauen wirst
vor Kummer und Einsamkeit

Dass der Fluss,
in dem du badest,
voll ist von verirrten Haien


Dass dein Schlaf,
so lang du auch schläfst,
immer enttäuscht sein wird

Dass einer, der weg rennt,
ohne zu rennen,
trotzdem weg ist
am Ende –

Hat dir das niemand gesagt?
Hat dir das niemand gesagt?