Mittwoch, 25. Mai 2011

Der Raum hinter dem eigenen Rücken

Es fängt an, sobald man an jemandem vorbeigeht. Schon höre ich wieder das Tuscheln und das Flüstern und spüre die Fingerzeige in meinem Nacken. Die mir durch die Rippen stechen, manchmal, wenn sie das Herz treffen. Ich verstehe die Worte nicht, das tue ich nie. Aber das Gefühl, das kenne ich nun gut genug.
Die leisen Worte hinter mir. Die erst kommen, wenn ich schon fast vorbei bin, aber noch in Sichtweite. Diese Worte, die ich eigentlich nicht hören will, nicht wissen will, und trotzdem brennen sie sich in meine Seele. Gerade, weil ich sie nicht verstehe, das tue ich nie. Ich verstehe nicht, aber dieses Gefühl bleibt. Wenn man vorbeigeht und sie reden und reden und reden. Und lachen und das ist fast noch schlimmer. Und jedes Geräusch ist ein Vorurteil.
Ich fürchte mich vor diesen Urteilen. Wenn sie sehen und nun glauben zu wissen, was auch immer. Und sie tuscheln und flüstern. Und ich fürchte mich vor jedem Blick, der mich trifft.
Ein Blick, ein Wort, ein Urteil.
Und jeden Tag sind das andere Worte hinter mir. Manchmal bin ich das komische Mädchen, mal das blasse, mal das hässliche, das mit den Wunden im Gesicht, das mit den verquollenen Augen, das mit dem überschminkten Gesicht, die Arrogante, das mit dem Rock, der ihnen nicht gefällt, das mit der vom Winde verwehten Frisur, die Oberflächliche, das Püppchen, das mit dem Tee, die Schlampe, die mit dem Bremenschal, die Tussi.
Immer diese Worte. Und ich fürchte mich.
Ich fürchte mich vor ihren Gedanken, ihren Urteilen. 
Die so endgültig sind und zu früh getroffen werden.
Die mir egal sein sollte und es nicht sind. Weil ich eben doch das schwache Mädchen bin.
Dabei hatte das keiner von ihnen gesagt.

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